
Häuptling Sitting Bull. Bild via Wikipedia comons
Heute morgen habe ich den Blogbeitrag von Dr. Eberhard Huber über uns gelesen. Dort habe dann einen Kommentar hinterlassen, der mir wichtig genug erscheint, um ihn auch hier in leicht ausführlicherer Version zu publizieren. Nun also auch an dieser Stelle die dringend nötige Entkräftung eines der wichtigsten Argumente gegen die Gesellschaft Sinnvoll Wirtschaften und die formale Gleichstellung aller Angestellten:
Letzte Woche hielt ich bei einem internationalen Kongress meinen Vortrag “Riding dead horses. We need a shift of paradigm, not cosmetics”. Eine der anschließenden Reaktionen war das Übliche, was wir fast immer zu hören bekommen:
“Ist ja schön und gut, so ohne Hierarchie. Aber es gibt nun mal Leute, die führen wollen, und andere, die es nicht wollen. Und wie soll das gehen, wenn niemand führt?” – So mal ungefähr aus der Erinnerung zitiert. Das gehört zur selben Argumentenkategorie wie das, was mir ein Anwalt aus meiner Familie zum RealExperiment sagte, als er hörte, dass alle geschäftsführende Gesellschafter werden sollen: “Es kann nicht nur Häuptlinge geben. Wir brauchen auch Indianer.”
Dazu gibt es dringend zweierlei zu sagen:
1. Niemand hat behauptet, dass es in der GSW keine Hierarchie gäbe! Natürlich wird es sie geben. Gibt es jetzt schon. So führt bei uns Gebhard, wenn es um die technischen Aspekte von Web 2.0 geht; Markus, wenn es zum Beispiel um Fragen unseres unternehmerischen Selbstbildes geht und ich, wenn wir mit Publikationen beschäftigt sind. ABER: Es gibt keine FORMALE Hierarchie, sondern eine, wie wir sagen, nomadische. Die Führungsfunktionen rollieren, rotieren, oder wie auch immer. Jeder führt mal. Und jeder wird mal geführt. Abhängig von der Einschätzung der KOMPETENZ des Führenden in einer gegebenen Situation aus der Selbstwahrnehmung des Führenden und der Fremdwahrnehmung der (potentiell) Geführten.
Unser Hauptargument: Niemand kann jahrelang Führender sein, nur weil er mal auf die formal-juristische Position gekommen ist. Das ist vollkommen irrational und zutiefst unökonomisch. Diesen alltäglichen Wahnsinn hat der mit merheren Jahrzehnten Personalmanagement-Erfahrung gesegnete Thomas Bubeck eindrücklich in seinem Buch „Aus der Giftküche des Managements“ beschrieben.
2. “The world is turned into what we expect” – so habe ich es im Vortrag formuliert. Wenn wir glauben ( – und das sage ich als ausgebildeter Wissenschaftler!), es müsse auch dauerhafte Indianer geben, dann suche ich nach Indianern und werde über den Weg meiner Erwartungshaltung die Indianer auch weiterhin als Indianer sehen und so behandeln. Ganz banal: Ich stelle Indianer und Häuptlinge ein. Ich habe Indianer auf der Pay-Roll und Häuptlinge. Schön sauber getrennt. Garantiert so, wie das echte Leben nicht funktioniert. Unsere Erwartungshaltung verändert erwiesenermaßen über den “Rosenthal-Effekt” die tatsächliche Performance des Beobachteten. (Darüber habe ich ausführlich in meinem aktuellen Buch „Feel it“ Soviel Intuition verträgt Ihr Unternehmen“ berichtet.)
Sprich: Wer die Sekretärin als Indianersquaw sieht, der macht sie automatisch auch dazu. Ebenso bewusst wie unbewusst. Dann hat es diese Squaw schwer, ein tolles Produkt zu erfinden, oder bei der Entwicklungs- oder Kommerzialisierungsphase einen hervorragenden Beitrag zum Mehrwert beizusteuern. Wo aber bitte schön steht einem Naturgesetz gleich, dass eine Sekretärin keinen wertvollen Beitrag jenseits ihrer Sekretärinnenfunktion leisten kann? Das soll mir mal jemand „beweisen“. Mit Verlaub, liebe Indianerfreunde: Das ist Schwachsinn. Und bitte: Nehmt’s wörtlich: Schwacher Sinn.
Summa Summarum: Die GSW ist kein basisdemokratischer Träumerverein. Wir wollen Führung. Wir wollen Hierarchie. Und wir wollen und brauchen dringend Menschen, die so erwachsen und reif sind, dass sie beide Seiten leben können und wollen: Führen und geführt werden. Menschen die einsehen, wann Ihre Führung Sinn macht und wann es nötig ist, dass sie sich unterordnen und geführt werden. Aber all dies niemals nur aufgrund einer einmal getroffenen formal-juristischen Entscheidung. Sondern aufgrund von immer wieder – täglich! – aufs neue zu beweisender Kompetenz und Akzeptanz.
Herzliche Grüße
Andreas
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